Wochen vergingen. Die Bibliothekarinnen und die Poesie verborgten fleißig, was sie hatten, nahmen zurück, sortierten, berieten die Kundschaft, erweiterten stetig das Sortiment, katalogisierten, planten Lesungen, Vorträge, Workshops und Tauschbörsen und freuten sich regelmäßig über die zahlreichen neuen Besucherinnen und Besucher. Schlicht: Es war ein wenig, als wenn es nie eine Störung in diesem fröhlichen Büchereialltag gegeben hätte. Und tatsächich gab es auch vorerst keine weiteren Zwischenfälle, die dem aufdringlichen Unbekannten zuzuschreiben gewesen wären.
Die Poesie aber meinte: Das war zu erwarten. Er ist durchschaubar. Er wollte Aufmerksamkeit um jeden Preis. Da wir seinen letzten Streich quasi kaum gewürdigt haben, hat er sich nun beleidigt zurückgezogen. Aber so einfach werden wir ihn nicht davonkommen lassen. Selbst wenn es das jetzt war mit seinen Untaten, soll er uns gefälligst irgendwann erklären, was das alles sollte. Und deshalb ermittle ich weiter. Bis wir wissen, wer er ist.
Was nun oberflächlich aussah wie ein ganz normaler Büchereialltag, war in Wirklichkeit Detektivinnenarbeit erster Klasse. Den Bibliothekarinnen entging nichts. Die „normale“ Kundschaft verhielt sich größtenteils unauffällig und war des Verdachtes damit enthoben. Doch die Beobachtungen der Bibliothekarinnen gingen weit über das Verhalten der Kundschaft und die Ordnung der vorhandenen Medien hinaus. Und so fiel bald auf, dass besonders nach Tagen, an denen die Bücherei so richtig gut besucht gewesen war, ein leises, grantiges Seufzen zu vernehmen war. Fast unhörbar, und von den Bibliothekarinnen zuerst für einen Luftzug oder ein anderes wetterbedingtes Geräusch gehalten, fiel es immer öfter und immer deutlicher auf: Jemand seufzte! In der menschenleeren Bücherei, außerhalb der Öffnungszeiten!
Und dieses Seufzen klang, da waren die Damen sich einig, nicht ergeben. Es klang nach einem Seufzen, das vor allem eines enthielt: Blinde Wut.